Eine Olivenernte: Olivenöl als Pflegemittel
7. Sonntag
Das Ende der Ernte rückt langsam aber sicher näher. Heute hat uns die Schwester des Olivenhainbesitzers ihre Hilfe angeboten. Vielleicht weiß sie, dass gegen Ernteende gut gelaunte, emsige und rührige Leute nötig sind um die Arbeitsmoral aufrechtzuhalten. Sie ist im Pensionsalter und scheint mit die richtige Person zu fragen, was man außer kochen noch alles mit Olivenöl anfangen kann „Früher“, erzählt sie „hat man Olivenöl für alles Mögliche verwendet. Man behandelte mit ihm Fußböden, Möbel, sogar Stoffe. Einige wenige Tropfen auf Tür- oder Fensterangeln beseitigten lästiges Quietschen. Matte Perlen sorgfältig mit Olivenöl abgerieben, schenkten ihnen neuen Glanz.
„Ich kann mich noch gut daran erinnern“, meldet sich eine andere Stimme „dass meine Großmutter viel von Gurgeln mit Olivenöl bei Halsschmerzen hielt. Früher sah man es generell als Allheilmittel gegen Rheuma, Hautentzündungen, Juckreiz und mitunter wurden sogar Ekzeme mit Olivenöl behandelt. “Dann gab es natürlich auch zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten als Schönheits- und Pflegemittel. „Da kann ich etwas erzählen!“ ruft ein junges Mädchen hinter mir. „Wir haben letztes Jahr in der Schule davon gesprochen. Im alten Griechenland machten die Sportler großzügig Gebrauch von Olivenöl. Sehr gerne auch als Salbe, denn das brachte die stattlichen Körper mit den gemeißelten Muskeln so richtig schön zur Geltung. Die ampolla dorica, ein mit Olivenöl gefülltes Fläschchen und die Strigilis, ein Streicheisen zum Abschaben von Öl, Staub und Schweiß waren zwei Elemente die in keiner Ausstattung eines Athleten fehlen durften.
Damals diente das Öl allerdings nicht nur der Schönheit wegen sondern auch um die Haut zu pflegen. Die Seife war noch nicht erfunden worden und man wusch sich, wenn man das so nennen kann, mit Asche oder einer Mischung aus Asche und kochendem Wasser. Es waren übrigens die gleichen Zutaten, mit denen auch Wäsche gewaschen wurde. Die Methoden waren ziemlich aggressiv und um die Nebenwirkungen so klein wie möglich zu halten, schmierten sich die Sportler großzügig mit Olivenöl ein.“
Heute haben wir die Vergangenheit hinter uns gelassen und das Verhältnis zum Olivenöl hat sich grundlegend geändert. Wissenschaft und Werbung lehren uns dass… dank der wertvollen Zusammensetzung Olivenöl gut bei geröteter, gereizter Haut ist. Es hilft bei Rissen und schuppiger Haut und wirkt dem Altern von Haut und Haaren entgegen. Es verleiht Beiden Elastizität und Glanz. Auf dem Markt finden sich denn auch alle möglichen Kosmetika die Olivenöl enthalten. Wir müssen nur das Produkt aussuchen, das unseren Bedürfnissen am besten entspricht.
Vor einigen Jahren habe ich eine Maske für trockenes Haar ausprobiert. Olivenöl mit Eigelb und Zitronensaft vermischt, sorgfältig ins Haar und auf die Kopfhaut einmassiert und eine halbe Stunde einwirken lassen. Das Ergebnis? Die Masse war buchstäblich auf meinem Kopf eingetrocknet. Es bedurfte einer ganzen Flasche Shampoo und viel heißes Wasser, um die Öl-Ei-Zitronensaft Maske aufzulösen und abzuspülen. Mein Haar hinterließ außerdem noch tagelang, wo immer ich hinging, einen mehr oder weniger dezenten Duft nach Olivenöl. Es liegt mir fern, den Erfolg dieses Mittels zu bezweifeln, aber Erfahrung macht klug. Meine ganz eigene hat mich gelehrt, dass Olivenöl besser auf Salatblättern aufgehoben ist, als auf einem Haarschopf.
Wenn es gar nicht anders ginge, könnte ich mich dazu durchringen ein Peeling für den Körper auszuprobieren, das sich beim Durchlesen des Rezeptes genau so schick liest, wie das Wort Peeling. Vor dem Duschen mischt man Olivenöl und Puderzucker in der Handfläche. Dann massiert man es sorgfältig in die Haut, lässt es kurz einwirken und duscht dann wie gewöhnlich. Diese Packung reinigt anscheinend die Haut porentief und befreit sie von überschüssigem Hauttalg und abgestorbenen Hautschuppen und schenkt ihr Weichheit und Glanz.
Jemand anders erzählt, dass er Olivenöl verwendet, wenn er ans Meer geht. Er stellt eine Lotion aus Oliven- und Mandelöl her, die er in einen Behälter gießt und auf die Haut sprüht, bevor er sich an die Sonne legt. Wenn er sich trotzdem verbrennt, massiert er die Mischung abends nach einer lauwarmen Dusche erneut in die Haut. Es gibt Sonnenanbeter die noch weiter gehen und nach jedem Sonnenbad einen Esslöffel Olivenöl trinken, auf das sie zwei Esslöffel Zitronensaft mit etwas Wasser vermischt folgen lassen.Ich gebe zu, dass mich die Mittel nur wenig überzeugen, bleibe aber neutral, weil ich ja wirklich nicht weiß, ob sie wirken oder nicht. Es soll ja auch Leute geben die schwören, dass ein Esslöffel Olivenöl, vor einem feuchtfröhlichen Fest eingenommen, hilft, länger nüchtern zu bleiben.
Jemand schneidet ein Thema an, über das noch niemand gesprochen hat und das eine wage Erinnerung in mir wach ruft. Ich war erst vor Kurzem nach Italien übergesiedelt, kannte die Sprache noch nicht und war weit davon entfernt, die Denkweise der Italiener zu verstehen. Damals habe ich zufällig eine Gruppe Frauen kennen gelernt. Es ist fast dreißig Jahre her, und doch habe ich diese ausgelassenen, lebensfrohen, mutigen, tief an Bräuche und Sitten gebundene Südländerinnen, die mir völlig fremd waren, nicht vergessen.
In besonders schweren Zeiten oder wenn eine negative Situation sich hinzog, machten sie Dinge, von denen ich noch nie gehört hatte. Sie begleiteten die Freundin zu einer Kartenlegerin, die Licht in ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft machen sollte und feststellen, ob ein Neider oder Eifersüchtiger ihr „den bösen Blick“ gesandt hatte. Bei einer dieser „Lesungen“ war auch ich dabei. Bei der Expertin handelte sich um eine alte Frau, die auf dem Land lebte. Während sie die Freundin anwies, sich auf einen Schemel zu setzen, goss sie etwas Olivenöl in ein kleines Gefäß. Sie nahm einen tiefen Teller, füllte ihn mit Wasser und hielt ihn über den Kopf der Freundin. Dann tauchte sie einen Finger leicht ins Öl und ließ einen Tropfen davon in das Wasser fallen, das sich immer noch im Teller über dem Kopf befand. „Wenn der Tropfen ganz bleibt“, hatten die Frauen mir erklärt „hat sie keinen bösen Blick, wenn er sich hingegen ausbreitet, ist es ein sicheres Zeichen, dass schwarze Kunst im Spiel ist“.
Von diesen Frauen habe ich gelernt, dass das Ergebnis manchmal die Mittel rechtfertigt. Im Grunde glaubte keine der Gruppe an Karten oder böse Blicke aber es war doch eine Art, auf eine schwierige Situation zu reagieren, sich mit ihr auseinander zu setzen und zu überwinden. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass man in Italien immer etwas lernen kann, dass nützlich sein könnte, um das Leben besser zu meistern.
Ruth Recher
Mit Vergnügen gelesen….animiert zum ausprobieren….und die Geschichten sind nach meinem Gusto Danke
Agnese
Freut mich riesig. Grazie. -:)
Paul Smith
Your English is basically as good as mine nowadays (and I’m a native).
Agnese
From you it’s a real compliment. Thanks. -:):)
Paul Smith
Sometimes it works, sometimes not…….
Agnese
Let’s be patient….in the end it’s a machine. -:)