Eine Olivenernte: Tafeloliven


5. Sonntag

Ich bin nicht allein! Letzten Sonntag habe ich mit Tau bedeckte Spinnennetze gesehen, deren Anmut und Pracht mich tief beeindruckt haben. Irgendwo stand geschrieben, dass jede Art ihre eigenen Netze konstruiert.  Ich  kenne mich weder mit Spinnen noch mit Netzen aus, aber Einige kommen mir bekannt vor. Das Große, zum Beispiel, erinnert mich an  eine Kreuzspinne. Als ich klein war, habe ich sie oft im Garten dabei beobachtet, wie sie geschickt an ihrer Falle arbeitete.

 


Bei meiner Erntemethode sind die Augen zwangsläufig  auf den Boden gerichtet, weshalb mir noch andere Tiere aufgefallen sind, die im Olivenhain ein Versteck oder ein Jagdgebiet  gefunden haben. Was neben einem Grasbüschel liegt und wie ein Blatt aussieht, entpuppt sich als Gottesanbeterin. Ist es ein Weibchen, dass dem letzten Bräutigam auflauert, um ihn nach dem Liebesspiel zu verschlingen? Vielleicht  ein Männchen, dass unbeweglich und perfekt getarnt  hofft, sich vor der Gefräßigkeit des Weibchens zu retten? Auf jeden Fall handelt es sich um eine n Nachzügler. Bei dieser Kälte dürfte weder die eine noch der andere unterwegs sein.

 

 

Eine Heuschrecke, die im Sommer gut gelaunt von einem Grashalm auf den anderen gehüpft wäre, jetzt aber steif und schwer auf einem Ast sitzt,  als wäre sie angeklebt, hat sich in der falschen Jahreszeit verirrt. Auch sie habe ich nicht gleich gesehen, sondern beim Einsammeln  abgesägter Olivenzweige ungewollt angefasst. Eine erstaunlich große Menge Schneckenhäuser  lässt darauf schließen,  dass auf diesem  Stückchen Erde eine richtige Kolonie gelebt haben muss.  Aber ich sehe auch Spuren von größeren Tieren. Kot und Fährten verschiedener Größen deuten darauf hin, dass „das Feld“ während unserer Abwesenheit ein rege besuchter Ort sein muss.  Ich kenne mich nicht sehr gut aus, und als meine Kollegen mit erzählen, dass es in der Gegend außer Hasen und Hunden auch Wildschweine und sogar Wölfe gibt, bin ich skeptisch. Ob sie sich über mich lustig machen?

 

Langsam trifft der Rest der Gruppe ein und wie arbeiten emsig. Es ist kein  Laut zu hören,  am Morgen hat niemand große Lust zum Reden.  Jeder hat seinen Tätigkeitsbereich und weiß, was er tun muss. Vor dem Mittagessen habe ich schon so viele Oliven gesammelt, dass sie fast nicht in die bereit gestellte  Kiste passen.  Eine Nachbarin, die in der Nähe geboren und aufgewachsen ist, kommt und leistet mir Gesellschaft. Unser Gespräch plätschert ruhig dahin bis ich sie sagen höre:

„Diese Pflanze schmeckt als Salat angemacht besonders gut“. Ich drehe mich  um  und frage sie:

 

 

„Kennst du dich mit Wildkräutern aus?“

„Sicher“ antwortet sie und ich lasse nicht locker bis sie mir verspricht, wenn Sammelzeit ist zu zeigen, welche  essbar sind und welche ungenießbar.  Ich habe Wildkräutersalat nur in der Toskana gegessen. Die duftenden, schmackhaften Blätter – bei manchen kann man sogar die Wurzeln mitessen – haben mich im Sturm erobert. Besonders, wenn sie mit Olivenöl, Essig oder Zitronensaft und einer Prise Salz angemacht sind. Gerne auch mit einer großzügigen Hand voll Granatäpfelsamen bestreut. Ihr geleeartiges, knackiges, dunkelrotes Fruchtfleisch passt nämlich ausgezeichnet zu den saftigen Blättern. Da ich in der Zwischenzeit Oliven zu schätzen weiß,  könnte ich nächstes Mal  auch von denen  einige  untermischen. Aber welche Sorte würde sich am Besten eignen?

 

 

In der Regel werden die sogenannten Tafeloliven verwendet. Sie werden entweder unreif geerntet, d.h. wenn der Kern schon hart  ist, aber die Schale noch grün oder aber wenn sie völlig ausgereift sind und eine schwarze Farbe haben. Olivenkenner wissen, dass die Grünen einzeln und behutsam  von Hand gepflückt werden müssen. Dies damit sie nicht beschädigt werden, was die Qualität negativ beeinflussen würde. Schwarze Oliven hingegen können auch maschinell geerntet werden. Sie sind vollreif und lösen sich deshalb leicht von den Zweigen.

 

 

Es gibt eine riesige Auswahl, mit der ich eigentlich gar nicht gerechnet habe. In der  Toskana, in Ligurien, den Marken, den Abruzzen, im Latium, in Kampanien, in der Basilicata, in Apulien,  in Kalabrien, in Sizilien und in Sardinien werden  in etwa  fünfzehn verschiedene Qualitäten  grüne Oliven angebaut und um die zwanzig  Sorten schwarze. Warum, frage ich mich, hört man nie etwas Näheres über all diesen Sorten? Wenn man ein Glas eingemachte Oliven kauft, steht nur „Oliven“ auf dem Etikett, ohne nähere Angabe, was Sorte und Ursprung anbetrifft.

 

 

Schade, denn abgesehen von der Art der Zubereitung, die als mehr oder weniger gut beurteilt werden kann, sind die einzelnen Sorten geschmacklich verschieden. Auch wenn man „ausländische“ Oliven kauft, ändert sich das Bild nicht. Es steht zwar die Provenienz der Oliven auf dem Warenschild, aber nicht die Sorte wie z.B. Konservolia, Kalamon, Megaron aus Griechenland,   Cacerena,  Hojiblanca, Alorena, Morona aus Spanien, Manzanillo, Souri, Barnea aus Israel, Sigoise, Sevillane, Cornicabra aus Algerien. Wenn uns also eine Tafelolive nicht schmeckt, kann dies sowohl an der Olivensorte als auch an ihrer Zubereitung liegen. Interessant zu wissen!

 

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2 Comments

  1. Ruth Recher

    Ich bin begeistert, macht richtig Freude

    1. Agnese

      Es ist schon eine ganze Welt, die hinter einer einfachen Olive steckt. -:)

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